Menschengerichtshof prüft Verbot anonymer Handykarten
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Klage gegen den Identifizierungszwang beim Kauf von Prepaid-Mobilfunkkarten zugelassen und die Bundesregierung zur Stellungnahme aufgefordert. Für diese kommt das Verfahren zur Unzeit.
Die Bundesregierung muss sich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verantworten. In dem Verfahren geht es um die 2004 mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) eingeführten Pflicht, wonach Anbieter auch vorausbezahlter Karten im Mobilfunkbereich persönliche Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum ihrer Kunden erheben müssen. Das Straßburger Gericht hat eine Beschwerde der Juristen Patrick und Jonas Breyer von 2012 jüngst zugelassen.
Die Bundesregierung soll sich laut dem jetzt von Patrick Breyer veröffentlichten Gerichtsschreiben bis spätestens 10. Oktober dazu äußern, ob die Klausel in die Grundrechte auf private Kommunikation und Meinungsfreiheit eingegriffen habe und ob sie auch erforderlich gewesen sei. Auch einen möglichen Vergleichsvorschlag könne die Bundesregierung mitschicken. Danach könnten die Kläger auf die Eingabe aus Berlin antworten, anschließend befindet das Gericht.
Identifizierungszwang soll eigentlich verschärft werden
Das Gesuch des EGMR kommt für die Regierung denkbar ungünstig. Vorige Woche erst brachte das Bundeskabinett ein neues Anti-Terror-Paket auf den Weg, mit dem es den Identifizierungszwang bei Prepaidkarten noch verschärfen will. So sollen Mobilfunkbetreiber und Händler künftig auch bei Nutzern vorausbezahlter SIM-Module von Mobilfunkgeräten stets ein gültiges Identitätsdokument mit vollständigen Adressangaben verlangen müssen. Bislang oblag es den Verkäufern nicht, die von Kunden gegebenen Identitätsinformationen zu verifizieren, sodass auch Fantasienamen registriert werden konnten.
Der schleswig-holsteinische Pirat Patrick Breyer betonte, dass Anonymität essenziell sei etwa „für Presseinformanten, für die anonyme Äußerung unliebsamer Meinungen im Internet und für die vertrauliche Koordinierung politischer Proteste“. Viele EU-Staaten verfolgten Straftaten erfolgreich auch ohne ein „Generalverbot anonymer Handykarten“, das zudem durch Kriminelle leicht durch Strohmänner oder Käufe im Ausland umgangen werden könne. Die bestehende Zwangsidentifizierung müsse daher genauso gestoppt werden wie die geplante Ausweispflicht. Breyer hatte zuvor vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen die TKG-Reform eingelegt, dieses tastete die Regel zu Prepaidkarten aber nicht an.
Quelle: http://heise.de/-3232788