Der Fahrplan für den 33. Chaos Communication Congress in Hamburg steht großteils, das Motto auch: „Works for me“ hat der Chaos Computer Club die Jahreskonferenz übertitelt und will damit Techniker aus der Lethargie reißen.

Berichte über halbwegs frisch Gehacktes und neue Entwicklungen im Bereich der Internet- und IT-Sicherheit gehören seit jeher zu den Schwerpunkten der traditionell zwischen den Jahren stattfindenden Hackertreffen des Chaos Computer Club (CCC). Diesmal stehen auf dem Fahrplan für den 33. Chaos Communication Congress (33C3), der seit Kurzem in einer „Interimsversion“ verfügbar ist, etwa Smart Cities, Online-Reisebuchungssysteme, Fintechs, Spielekonsolen und Einblicke in die Drown– oder Pegasus-Attacken.

„NSU-Monologe“ und „Sprache der Populisten“

Dass zudem die Netzpolitik auf dem Stelldichein der Szene groß geschrieben wird, ist ebenfalls nichts Neues. Der Kampf gegen ausufernde Überwachung und Verschlüsselungsverbote sowie für Datenschutz und Netzneutralität wird daher auch 2016 Thema vieler Vorträge sein.

Ungewöhnlich ist dagegen, dass am kommenden Mittwoch, dem zweiten Konferenztag, zur besten Vortragszeit kurz vor Mitternacht der „Durchmarsch von Rechts“ etwa anhand des NSU-Komplexes vom langjährigen Antifa-Aktivisten Friedrich Burschel oder zuvor die „Sprache der Populisten“ durch den Linguisten Martin Haase beleuchtet werden sollen. Geplant ist ferner eine zweistündige Aufführung von „NSU-Monologen“, der nur Zuhörer vor Ort lauschen können. Ein Bericht über die möglicherweise – nicht nur technisch – gehackte US-Wahl darf nach dem Sieg von Donald Trump nicht fehlen.

Probleme anderer Leute

Schon vergangenes Jahr hatte der CCC damit überrascht, dass er die große Bühne zur Eröffnungsrede einer aus Somalia geflüchteten Menschenrechtlerin überließ, die nach eigenen Angaben nichts von IT verstand und „mehr Internet in den Heimen“ für Asylbewerber einforderte. Nun lautet das Kongressmotto „Works for me„, was für eine unter Software-Entwicklern verbreitete egozentrische Haltung stehen soll, dass man selbst von einem technischen Fehler nicht betroffen sei und es sich dabei folglich um ein Problem anderer Leute handle.

2016 habe gezeigt, dass diese abwehrende Haltung für den Großteil der Gesellschaft gerade nicht funktioniere, heißt es bei der intergalaktischen Hackervereinigung. „Gegenseitiger Hass, Neid, Gefühllosigkeit und Ausschluss haben uns auseinandergebracht“, verweist der CCC auf soziale Spannungen. Parallel werde die exzessive Überwachung durch den Großen Bruder als „politisch normal“ dargestellt; wenn nicht für alle, dann zumindest für diejenigen, „die anders, ungreifbar und fremd sind“. Es gelte, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und auf der großen Hackerparty eine gemeinsame alternative Utopie auszuleben. Über diese allgemein-politische Ausrichtung des Kongresses wird in Szene-Blogs kontrovers diskutiert.

Aufmerksamkeitsarbeit

Der Club weist gesondert darauf hin, dass es auch dieses Jahr neben den Mentoren für Neueinsteiger ins C3-Universum wieder ein „Awareness-Team“ vor Ort geben soll, das über das kongresseigene Dect-Telefonnetz über die 113 erreichbar und das „medizinische und feuertechnische Notfallteam Cert“ (112) sowie die Security (110) ergänzen soll. Bei der Aufmerksamkeitsarbeit gehe es darum, „Leute zu sensibilisieren, auf sich selbst und andere zu achten – insbesondere auch auf jene, die in ihrem Erscheinen oder Handeln von den vorherrschenden Normen eines sozialen Umfelds abweichen“. Damit solle die Gefahr verringert werden, dass der ein oder andere persönliche Grenzen überschreite. Wer sich belästigt, diskriminiert oder schlicht unwohl fühle, finde unter der Nummer rund um die Uhr einen Ansprechpartner.

Keine Restkarten

Am Mittwoch findet wieder ein „Junghackertag“ statt, bei dem Schüler in die mehr oder weniger genau definierte Kultur des kreativen Umgangs mit der Technik hineinschnuppern können sollen. Willkommen ist jeder, „der schon einen Lötkolben halten“ oder Legoroboter programmieren kann. Die erforderlichen Gratistickets für Kinder und Jugendliche sind aber bereits genauso vergriffen wie die Eintrittsbillets für die erwachsenen Teilnehmer. Restkarten vor Ort wird es laut Veranstalter dieses Jahr definitiv nicht geben.

Allen Interessierten, die kein Ticket ergattert haben, bleibt das vorgesehene Live-Streaming vor der Kiste zuhause oder auf der Leinwand beim kollektiven Übertragungsgenuss in vielen Städten unter dem Motto „Congress Everywhere„. Eine abgewandelte Form davon will erstmals der „AltC3“ in einem Hotel bieten, das nahe des Congress Center Hamburgs (CCH) liegt, wo erneut über zehntausend Teilnehmer für die offizielle Konferenz erwartet werden. Neben den Streams soll auf dem Zusatzkongress auch ein kleines eigenes Vortrags- und Rahmenprogramm geboten werden.

Quelle: https://heise.de/-3579778